Neuer DNV-Report: Technologie-Entwicklungen entscheidend für Emissionsreduzierung der maritimen Branche
Oslo, 30. August 2024 – Das von der Weltschifffahrtsorganisation (IMO) vorgegebene Ziel einer Reduzierung der CO2-Emissionen der Schifffahrt um 20 % bis zum Jahr 2030 ist ohne erhebliche Energieeinsparungen nicht erreichbar, so die jüngste DNV-Prognose im „Maritime Forecast to 2050“. Der Report betont, dass die gezielte Entwicklung und Nutzung von Technologien zur Reduzierung des Energieverbrauchs entscheidend für die Senkung der Emissionen der Schifffahrt sei, bis klimaneutrale Kraftstoffe verfügbar und bezahlbar sind.
Um die Dekarbonisierungsziele der IMO erreichen zu können, benötige die Schifffahrt 7-48 Millionen Tonnen klimaneutralen Kraftstoffs. Da jedoch davon auszugehen ist, dass die globale Produktion klimaneutraler Kraftstoffe bis 2030 nur ein Volumen von 44-63 Millionen Tonnen erreichen wird, kann die Schifffahrt ihren Beitrag zur Dekarbonisierung auf diesem Wege kaum leisten. Regelwerke wie das EU-Emissionshandelssystem ETS und FuelEU Maritime werden in Kürze damit beginnen, Gebühren für CO2-Emissionen zu erheben. Reedereien und Schiffsmanagement-Unternehmen müssen daher alle nur denkbaren Möglichkeiten zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs ausloten.
Knut Ørbeck-Nilssen, CEO von DNV Maritime, kommentiert: „Wir erleben derzeit eine Verlangsamung der Dekarbonisierung in der Schifffahrt; zugleich aber beginnt eine Ära beispielloser technologischer Forschungsaktivität, die den Fortschritt vorantreiben wird. Da klimaneutrale Kraftstoffe knapp sind, kommt es heute auf intelligente Entscheidungen und strategische Investitionen an, um die Basis für die Emissionsreduzierung der Zukunft zu schaffen. Die Priorisierung von Energieeffizienz, der Einsatz von Technologielösungen und eine zielstrebige Digitalisierung sind entscheidende Schritte auf dem Weg zur Reduzierung der Kostenlast und zur Erreichung unserer Dekarbonisierungsziele.“
Die achte Ausgabe des von DNV herausgegebenen „Maritime Forecast to 2050“ enthält eine aktualisierte Darstellung der regulatorischen Landschaft sowie der Treiber, Technologien und Kraftstoffe, die für die Dekarbonisierung der maritimen Wirtschaft benötigt werden. Überdies werden in vier Szenarien Bedingungen skizziert, die die Akzeptanz spezifischer Kraftstoffe und Technologien bis zum Jahr 2050 beschleunigen könnten. Der Report betont, dass die Industrie – unabhängig von dem eingeschlagenen Dekarbonisierungsweg – mit erheblichen Kosten zu rechnen habe. Die vier simulierten Szenarien prognostizieren diese Kostensteigerungen bezogen auf die geleistete Transportarbeit. Die Schätzungen reichen von 69-75 % für Massengutfrachter und 70-86 % für Tanker bis hin zu 91-112 % für Containerschiffe.
„Unseren jüngsten Analysen zufolge könnte die Dekarbonisierung der Schifffahrt die Kosten des Warentransports in Containern verdoppeln“, meint Eirik Ovrum, Principal Consultant bei DNV und federführender Autor des „Maritime Forecast to 2050“. „Letztlich wird man die steigenden Kosten des Seetransports entlang der Wertschöpfungskette weiterreichen müssen. Bereits jetzt zeichnen sich im Markt Trends zur Verlagerung dieser Kosten hin zu den Endverbrauchern ab. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Reedereien strategische Flottenmanagement-Pläne aufstellen und umsetzen.“
Wie der Report ausführt, ist die Reduzierung von Energieverlusten das einfachste Verfahren, um die Emissionen der Weltflotte zu verringern. Durch operative und technische Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz lasse sich der Kraftstoffverbrauch bis 2030 um 4 % bis 16 % reduzieren. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs der Weltflotte um 16 % würde 40 Millionen Tonnen Kraftstoff und 120 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen einsparen; das wäre, als betriebe man die 55.000 kleinsten Schiffe oder die 2500 größten Schiffe mit klimaneutralem Kraftstoff.
Des weiteren sieht der Report in der Abscheidung und Speicherung von CO2 an Bord (onboard carbon capture, OCC) eine der effektivsten Möglichkeiten zur Dekarbonisierung, da hierbei konventionelle Kraftstoffe und Technologien weiterverwendet werden könnten. Allerdings müsse zunächst eine leistungsfähige Infrastruktur zur CO2-Abnahme und -Weiterverarbeitung aufgebaut werden. Auch auf Lösungen, die die Abhängigkeit von teuren klimaneutralen Kraftstoffen reduzieren können, wie Landstrom und Batterien, verweist der Report. So ließe sich Energiebedarf von Schiffen in Häfen mit Landstrom statt wie bisher durch kraftstoffbetriebene Generatoren an Bord decken; das sind immerhin 7 % des gesamten Energieverbrauchs.
Schließlich betont der Report die immer wichtigere Rolle der Digitalisierung für die Umsetzung operativer und technischer Maßnahmen zur Maximierung der Energieeffizienz. Zudem sind digitale Verifizierungstools unabdingbar für die Schaffung einer vertrauenswürdigen Infrastruktur, für eine enge, branchenweite Zusammenarbeit und die Unterstützung neuer Vertragsformen, die zu Energieeinsparungen motivieren.
„Unser neuer Report legt dar, wie die Digitalisierung den Schiffsbetrieb transparenter machen kann, indem sie Daten liefert, die über die Wirksamkeit von Energiesparmaßnahmen Aufschluss geben. Anhand datengestützter Entscheidungsprozesse können dann die energieeffizienten Schiffe der nächsten Generation entwickelt werden, die für den langfristigen Erfolg der Branche entscheidend sind.“, so Ovrum.