Zu diesem Zeitpunkt befand sich die norwegische Schifffahrt in einer starken Wachstumsphase und war im Begriff, seine traditionell regionalen Grenzen zu übertreten. Das Bedürfnis nach einem nationalen Markt für maritime Versicherung wurde immer spürbarer.
Drei Jahre später, am 16. März 1867, kamen in Deutschland im Großen Saal der Börsenhalle Hamburg knapp 600 Reeder, Schiffbauer und Versicherer zusammen, um den Germanischen Lloyd (GL) mit Sitz in Hamburg zu gründen. Als gemeinnützige Organisation zur Förderung der Schiffssicherheit sollte er für mehr Transparenz in der Schifffahrt zu sorgen. Häufig erhielten Händler, Eigner und Versicherer nur wenig Informationen über den Zustand eines Schiffes. Als unabhängige Klassifizierungsgesellschaft wurde der GL beauftragt, die Qualität eines Schiffes zu bewerten und die Ergebnisse an sämtliche Stakeholder weiterzugeben.
Das erste GL-Schiffsklassifikationsregister stammt aus dem Jahr 1868 und enthält 273 Klassifikationsberichte. Bis 1877 hatte sich die Anzahl der Berichte verzehnfacht und führte zu einem rapide expandierenden Netzwerk von Besichtigern.
Gleichzeitig wuchs auch die DNV-Flotte. Erst wurden Vertreter, dann fest angestellte Besichtiger in verschiedenen Ländern eingesetzt, um norwegischen Schiffen im Ausland zu Diensten zu stehen. Als im Laufe der 1870er Jahre die Dampfschifffahrt eingeführt wurde, haben sich sowohl die gesamte Klassifizierungsbranche als auch die Kompetenzanforderungen an die Arbeit der Besichtiger stark gewandelt.
Seit Beginn ihres Bestehens kooperierten DNV und der GL. DNV-Aufzeichnungen aus dem Jahr 1868 belegen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt Pläne vorlagen, ein gemeinsames Klassenregister der beiden Organisationen zu erstellen. Diese Pläne und ähnliche Gespräche im Jahr 1891 scheiterten, als es um die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten und ein gemeinsames Register ging.
Gesellschaftliche Faktoren
Die bis dato hauptsächlich privat und liberal dominierte Industrie war zunehmend von gesellschaftlichem Interesse. Die 1891 von Samuel Plimsoll entwickelten Freibordmarken wurden zunächst auf allen britischen Schiffen vorschriftsmäßig eingeführt. Entlang der britischen Küste wurde dadurch das Leben vieler Seeleute gerettet. Ab 1907 wurden Freibordmarken auch auf norwegischen Schiffen vorgeschrieben.
Spätestens seit dem tragischen Untergang der Titanic im Jahr 1912 kam dem Dienst einer Internationalen Klassifikationsgesellschaft auch von öffentlicher Seite her eine große Bedeutung zu. Dennoch waren GL-Direktor Carl Pagel und Johannes Bruun von DNV die einzigen offiziellen Klassifikationsdelegierten auf einer Konferenz, auf der das erste Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) beschlossen wurde.
Kriegsauswirkungen
Für den GL war der Erste Weltkrieg ein schwerer Rückschlag. Internationale Beziehungen brachen ab und fremdflaggige Schiffe änderten ihre Klasse. Vor dem Zweiten Weltkrieg konnte sich der GL kurzzeitig von dem Rückschlag erholen, der Zweite Weltkrieg traf ihn dann ins Mark. Erst der folgende wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands führte zu einer rapiden wirtschaftlichen Erholung des GL. Eine neue Wachstumsphase wurde eingeläutet.
Auch auf Seiten von DNV gab es große Herausforderungen. Nach dem Ersten Weltkrieg zog der Übergang der Segel- zur Dampfschifffahrt grundlegende Veränderungen innerhalb der Klassifikationsindustrie nach sich. Veraltete Vorschriften waren nicht mehr mit dem Schiffbau des neuen Zeitalters in Einklang zu bringen. Technologie und Kompetenzanforderungen befanden sich im Wandel. Zwischen 1920 und 1940 etablierte DNV eine Kultur, die sich auf Technik, Bau und Design konzentrierte. Mit dem Zweiten Weltkrieg kamen erneute Schwierigkeiten auf, die beinahe zu einem Auseinanderbrechen des DNV führten.