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DNV Inside

Teil 6: Spezielle Prozesse

Im letzten Teil aus dem Praxisalltag Aerospace bei DNV Inside geht Luft- und Raumfahrtauditor Dirk Wischnewski ausführlich auf spezielle Prozesse ein.

Spezielle Prozesse und deren Auditierung sind immer wieder Thema in der Luftfahrt. Doch worum handelt es sich überhaupt?

Was sind spezielle Prozesse?

Es sind Fertigungsprozesse, deren Ergebnis Sie nicht direkt ablesen können, sondern erst nach weiteren Prüfungen, häufig auch zerstörend, ermitteln können.

Ein Beispiel: Während ein Maß bei einer Drehoperation mittels eines entsprechenden Messmittels (z. B. Messschieber) direkt abgelesen werden kann, ist eine Wärmebehandlung im Gegensatz hierzu ein spezieller Prozess. Das Ergebnis kann erst nach einer Härteprüfung und/oder weiteren Verfahren der Werkstoffprüfung (Zugversuch, Kerbschlagbiegeversuch etc.) ermittelt werden. Das Bauteil selbst ist danach normalerweise nicht mehr zu verwenden.

Folgende Punkte werden bei einer Umsetzung der speziellen Prozesse betrachtet:

  • Spezifikationen und Vorgaben zum jeweiligen Verfahren (allgemeingültige Normen, Kundenspezifikationen)
  • Vorgaben und Qualifizierung von verwendeten Anlagen (z. B. Ofenklasse bei Wärmebehandlungen)
  • Vorgaben und Qualifizierung von Fachkräften (z. B. Schweißer, NDT-Level 1, 2 oder 3)
  • körperliche Anforderungen an das Fachpersonal (z. B. Sehfähigkeit für visuelle Begutachtungen)
  • Prüfverfahren zur Qualifikation (z. B. Auswertung Röntgenprüfung, Härtemessung, Zugversuch)
  • Vorgaben der Verantwortlichkeiten zur Bewertung und Freigabe (z. B. Kunde, Prüfaufsicht)

Nach einer erfolgreichen Freigabe ist der Prozess eingefroren (Frozen Process). Änderungen können nur nach einem erneuten Durchlauf umgesetzt werden. Dies ist immer in Absprache mit dem Kunden durchzuführen.

Ist die Prozessbeschreibung mit der Freigabe Teil einer Erstbemusterung (FAI), klären Sie mit dem Kunden, ob eine Revision der Erstbemusterung (Delta-FAI) notwendig ist.

Bei nicht abgestimmten Änderungen, auch ‚kleineren‘ Änderungen, besteht die Gefahr, dass ein Bauteil nach nicht freigegebenen Verfahren gefertigt wird. Dies könnte im Schadensfall mit rechtlichen Konsequenzen verbunden sein.

Spezielle Prozesse als ausgelagerter Prozess: NADCAP

Durch die Eigenschaften dieser Prozesse und die enormen Anforderungen der Luftfahrt daran werden diese häufig von spezialisierten Unternehmen durchgeführt. Meistens sind diese Unternehmen für das jeweilige Verfahren nach NADCAP zertifiziert. Eine NADCAP-Zulassung begründet sich zumeist auf Kundenforderungen. Der Fokus liegt auf der sicheren und wiederholbaren Durchführung dieser Prozesse, um zur Sicherheit in der Luft- und Raumfahrt beizutragen.

NADCAP wird vom Performance Review Institute (PRI) in den USA angeboten. Das PRI hat Auditkriterien für spezielle Prozesse und Produkte entwickelt und führt diese Zulassung für das jeweilige Verfahren (z. B. Wärmebehandlung, Schweißen, Beschichtungen etc.) durch. Voraussetzung ist eine Zertifizierung nach EN 9100. NADCAP stellt enorme Anforderungen an die Vorbereitung und Aufrechterhaltung einer Zulassung. 

Daher ist dies im Fertigungsbereich der Luft- und Raumfahrt eine der höchsten „Weihen“, die Sie erreichen können.

Bestellung von speziellen Prozessen

Häufig sehe ich im Audit, dass spezielle Prozesse von der Organisation beim Lieferanten, wie z. B. eine Zerspanung, beauftragt werden. Es werden meist Zeichnungsdetails weitergegeben und als Nachweis im günstigsten Fall ein Abnahmeprüfzeugnis 3.1, häufig nur eine Werksbescheinigung 2.1, angefordert. Weitere Anforderungen werden nicht kommuniziert. Die wichtigste Quelle für weitere Anforderungen sind die des eigenen Endkunden bzw. des Endverwenders. Dies geht aus mitgeltenden Anforderungen aus Bestellung bzw. Rahmenvereinbarungen hervor.

Je nach Kritikalität des Bauteils sind bestimmte NADCAP-zertifizierte Lieferanten vom Kunden bereits vorgegeben. Auch kundenseitig vorgeschriebene Lieferanten entbinden die Organisation nicht von der Verantwortung auf konforme Lieferung. Es gibt auch Fälle ohne besondere Vorgaben, gerade bei Unternehmen mit Entwicklung.

Folgende Schritte können Ihnen als Orientierung dienen:

  1. Zusammenstellung aller Anforderungen bezüglich des zu beschaffenden Prozesses.
  2. Ermittlung der zur Freigabe dieses Prozesses erforderlichen Prüfungen – auch in Zusammenarbeit mit dem Fachunternehmen.
  3. Erstellung einer Prozessbeschreibung durch den Lieferanten.
  4. Freigabe gemäß Kundenanforderungen – dies kann der Kunde selbst sein oder auch der Prozessverantwortliche des Lieferanten.
  5. Durchführung des Prozesses einschließlich Freigabe – die Prozessbeschreibung wird mit Revision und Freigabedatum versehen.
  6. Bestätigung der Durchführung gemäß der Prozessbeschreibung mittels Abnahmeprüfzeugnis je Bauteil (Serialnummer – falls vorhanden) unter Angabe der freigegebenen Prozessbeschreibung mit Revision.
  7. Diese Daten werden Teil der eigenen Erstmusterprüfung an den Endkunden. Nach dessen Freigabe ist auch der spezielle Prozess eingefroren.
  8. Änderungen müssen im Vorfeld angezeigt und genehmigt werden. Diese sollten in QS-Vereinbarungen oder Bestellungen mitgeteilt werden. Bei Änderungen wird der Prozess erneut durchlaufen – die Tiefe legt der Kunde fest.
  9. Zukünftige Bestellungen sollten die freigegebene Prozessbeschreibung referenzieren und als Nachweis ein 3.1-Zeugnis anfordern.

Solche Schritte sind geeignet, spezielle Prozesse einheitlich zu gestalten und Änderungen nachvollziehbar zu machen.

 

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